Den inneren Schweinehund überwinden – Oder wie kümmere ich mich um meine Altersvorsorge

Die erste Frage, die ich mir gestellt habe: Gibt es Bedarf für ein weiteres Finanzblog? Naja, vermutlich: nicht wirklich. Deshalb ist das auch kein Blog, sondern eine Sammlung dessen, was ich im Laufe meines Kampfes mit meinem inneren Schweinehund glaube gelernt zu haben.

Bei dieser Seite handelt es sich also nicht um eine Beratung oder Empfehlung, sondern lediglich um einen Erfahrungsbericht. Jede/r ist für die individuelle Entscheidung und Umsetzung  selbst verantwortlich.

Wie alles begann… Innerhalb kurzer Zeit stolperte ich auf Spiegel Online über einen Beitrag von finanztip zum Thema Altersvorsorge und dann über einen Artikel zu den Wirtschaftsnobelpreisgewinnern. In den Veröffentlichungen eben jener geht es beispielsweise um den jungen Mann, der mit 30 sagt, er kümmere sich mit 35 um die Altersvorsorge und mit 35 dann erstmal tolle Reisen macht.

Ich fasste mich an meine eigene Nase und gestand mir ein, dass ich all mein Geld in den letzten Jahren in (wunderschöne) Urlaube und eine Kamera investiert habe. Das ist nicht dramatisch, aber eben auch nicht nachhaltig.

Also hab ich mich hingesetzt und diverse Foren, Blogs und Bücher studiert, Leute genervt, Excel konsultiert und fasse die Erkenntnisse nun im Folgenden zusammen, so dass es ggf. leichter fällt, andere Schweinehunde zu überwinden und sich selbst mit der Materie vertraut zu machen.

Die Glaskugelproblematik

Auch wenn es oft so scheint als ob, ich kann nicht die Zukunft vorhersagen. Das ist einerseits schade und hält andererseits die Angelegenheit auch ein bisschen spannend. Das Problem ist: Alle anderen können das auch nicht. D.h. alles, was hier und an allen anderen Stellen steht, basiert auf Erfahrungen und niemand kann eine Garantie für zukünftige Entwicklungen geben. Man kann morgen vom Auto überfahren werden, dann lohnt es sich nicht, dass man sich heute um die Altersvorsorge gekümmmert hat. Mein Vater spekuliert immer noch auf das Vulkaninferno in Yellowstone…

Es ist jedoch nicht gewagt zu behaupten, dass das mit den Renten/Pensionen nicht mehr so üppig laufen wird wie bisher.

Daher gilt:

Je eher, desto besser

Wenn man Geld anlegt, dann in der Hoffnung Zinsen (oder eine andere Form der Wertsteigerung) zu erhalten, die über der Inflationsrate liegt. Sonst könnten wir es ja auch unter das Kopfkissen legen oder in ein Bankschließfach. Dann frisst es aber leider die Inflation auf…

Auf Grund der Zinseszinsgeschichte (Mathe Klasse 7, erinnert euch) lohnt es sich frühzeitig anzufangen. Mit 38 ist es nicht mehr so frühzeitig, aber besser als nicht mit 38. Man kann es zusammenfassen mit: Egal, wie alt Du bist, fang an. Besorge Dir ein Depot und investiere 100€. Wenn Dir das gelingt, dann hast Du den schwierigsten Teil geschafft.

Je länger, desto besser

Weiterhin gilt: Nicht einfach zwischendrin aufhören. Verglichen mit dem Hauskauf/-bau steckt hier die große Gefahr des Einfach-vor-sich-hin-Sparens: man kann mal Pause machen, weil… Wichtig ist also: Anfangen und kontinuierlich weitermachen. Die Perspektive sind die kommenden 30 Jahre (oder mehr, wenn ihr jünger seid als ich).

Die Höhe der Sparquote oder wofür mache ich das Ganze?

Wie viel sollte ich sparen? Das kommt drauf an, was Dein Ziel ist. Wenn man die diversen Finanzblogs studiert, gibt es unterschiedliche Modelle:

  • Ergänzung der staatlichen Altersvorsorge
  • Finanzielle Unabhängigkeit (ich kann tun, was ich will, da ich von meinem Gesparten leben kann, und bin daher nicht auf Erwerbsarbeit angewiesen)

Je nachdem, was das Ziel ist, ergibt es Sinn, dramatisch zu sparen (bei den Frugalisten 70% des Einkommens) oder einfach mal eine Aufstellung zu machen, für was man tatsächlich wieviel Geld ausgibt. Dies gibt einem die Gelegenheit, nochmal zu schauen, was man davon tatsächlich braucht und was nicht (guckt man wirklich Netflix, braucht man Amazon prime etc.).

Bevor man nun deprimiert ist: Was möglich ist, kommt natürlich auf die eigenen Lebensumstände an (Kinder, familiärer Hintergrund, Kosten für Ausbildung usw.). Der Frugalist hat z.B. (momentan) keine Kinder. Wenn ich statt an meiner Dissertation als 5 Jahre als Sonderpädagoge gearbeitet hätte, hätte ich 130.000€ mehr verdient… Trotzdem würde ich sie nicht missen wollen (und das nicht nur, weil sie mir erlaubt meinem Beruf nachzugehen).

Die durchschnittliche Sparquote (Anteil des Gesparten von allem, was reinkommt) liegt wohl bei 13%, wobei die Verteilung der Einkommen bekanntermaßen höchst ungleich ist, so dass der Durchschnitt einem nur bedingt weiterhilft. Die einen sagen also 15%, bei anderen sind 50% auch drin. Letztlich ist es wohl wirklich eine Lebensstilentscheidung. Wenn ich unglücklich mit meiner günstigeren Wohnung in einem hässlichen Viertel an einer lauten Straße bin und mich tagtäglich drüber ärgere, dann ist mir auch nicht geholfen, auch wenn ich 400€ gespart habe.

Spannend fand ich jedoch folgenden Beitrag des Frugalisten zu der Frage der Opportunitätskosten: Was kostet mich meine Entscheidung im Hinblick auf den Rest meines Lebens. Wenn ich z.B. ein Smartphone für 300€ kaufe, entspricht das einem Verlust von einem Euro pro Monat (ab sofort) für den Rest meines Lebens: 1€ lebenslänglich. Die Rechnung geht so: wenn ich  300€ in ein Aktien-ETF-Portfolio (mit durchschnittlich 4% jährlich) investiere, kann ich pro Jahr 12€ entnehmen und das Depot bleibt trotzdem bei 300€.

Wenn man jede Investition so betrachtet, überdenkt man manche Dinge nochmal. Mein Objektiv muss dann vielleicht dran glauben, aber andere Dinge eben nicht.

Bei mir ist  das Ziel weniger der vorzeitige Ruhestand mit 50, sondern eher der aktive Ruhestand mit Reisen in alle Welt. Auch weil mein Hamsterrad von innen ganz schön aussieht. Für das Überleben in einer kleineren Wohnung vor Ort mag eine Pension/Rente unter Umständen ausreichen, für das Expeditionsfahrzeug wohl nicht (ich weiß, dass es das 2038 vermutlich nicht mehr gibt…).

Ich habe mich daher für konstant monatlich 15% des Nettoeinkommens entschieden und eine dementsprechende jährliche Anpassung eingeplant (sonst macht irgendwann die Inflation einen Strich durch die Rechnung). Ergänzt wird das um das, was von der Steuer zurückkommt. (Quasi 41% meines Nettoeinkommens) Soweit der Plan. Ob das so funktioniert, wird man sehen. Spannend fand ich den Kommentar des Finanzwesirs, ob er alle Ziele des vergangenen Jahres erreicht hat: Wer alles erreicht hat, hat seine Ziele zu niedrig gesteckt. 😉

Einzelaktien oder die Topempfehlung

Ich habe einen todsicheren Tipp! Die Aktie XY wird im nächsten Jahr durch die Decke gehen. Hmm. Nunja. Das klingt wie Pferdewetten und hat auch ungefähr vergleichbare Quoten. Es geht letztlich um Informationen (die auch nicht immer zugänglich sind) und dass man sie eher bekommt als andere (auch nicht so einfach). Machen wir ein Beispiel: Die Aktie von Amazon hat sich in den vergangenen Jahren prima entwickelt. Gesetzt den Fall, Donald Trump ärgert sich mal wieder über Jeff Bezos und die Washington Post und beschließt Amazon kartellrechtlich Probleme zu bereiten, dann ist der Aktienkurs vermutlich relativ schnell im Keller. Wenn man also nicht 23h am Tag sich mit der Weltlage und Finanzanlagen befassen will, dann sollte man jeglich Form von Einzelaktien strikt meiden. Es sei denn, man braucht den Kick….

Eine Anmerkung noch zu alternativen Investments (der Schweizer Wald, die Solaranlage usw.) – auch hier gilt: Informationen sind zentral, um zu beurteilen, was ein Investment bringt oder nicht. An diese Informationen kommt man nicht schnell und einfach heran. Sonst würden es alle nutzen… (wer doch über die Solaranlage nachdenkt, dem sei der Beitrag vom Finanzwesir empfohlen).

Index-orientierte ETFs als Anlageinstrument

Also keine Einzelaktien? Was also tun? Die zentrale Frage bei der ganzen Geschichte mit dem Aktienmarkt ist ja: Wird das was mit dem Kapitalismus oder nicht? Wenn ja, dann entwickelt sich der Aktienmarkt vermutlich so wie in den letzten Jahrzehnten nach oben. (Ich spare Euch die „Wenn ich 1920 einen Dollar investiert hätte“-Rechnungen.) Wenn nicht, auch gut, aber dann haben wir sowieso ein anderes Problem (oder auch nicht). Der Aktienmarkt (in Deutschland und den anderen Industrienationen) hat sich also über längere Zeiträume (selbst wenn zwischendrin Krisen waren) positiv entwickelt.

Daher der Ansatz: (Viele andere und) ich setze(n) nicht auf einzelne Aktien, sondern auf einen Index, der die größten Unternehmen weltweit abbildet. In diesem Index (z.B. dem MSCI World) sind dann Anteile verschiedener Firmen enthalten. Ein MSCI-World-ETF bildet eben jenen Index nach. So sind 2% des Fonds (entsprechend dem Index) Apple-Aktien. Insgesamt sind aber 1619 Firmen in dem Fonds enthalten. Das heißt, selbst wenn das nächste iPhone der völlige Flop wird, betrifft es den Fonds nur sehr, sehr wenig. Er bildet die durchschnittliche Marktentwicklung ab. Langfristig betrachtet, ist diese mit hoher Wahrscheinlichkeit positiv. Gleichzeitig heißt es eben auch, dass jeder Miniumsatz, den eines der beteiligten Unternehmen macht, ein bisschen zur Wertsteigerung meines Portfolios beiträgt.

„Die Welt“ (ähh die Industrienationen) oder „die ganze Welt“ oder aufstrebende Märkte

Nun gibt es unterschiedliche Indizes von unterschiedlichen Firmen. Jede Firma hat eigene Konzepte, die dahinter stehen. Nehmen wir als Beispiel die Firma MSCI. Diese hat einen Index mit dem Titel MSCI World. In diesem sind, wie schon gesagt, Anteile von 1619 Firmen. Auch wenn der Name World vermuten ließe, dass diese aus aller Welt kommen, so ist dem nicht so. Sie stammen zu 60% aus den USA und auch der Rest kommt aus den westlichen Industrienationen (einschließlich Japans).

Hmm. Aber was ist mit den Schwellenländern? Diese finden sich im Index MSCI Emerging Markets. Darin sind auch immerhin noch Aktien von 830 Unternehmen (z.B. auch aus Südkorea).

Dann gibt es auch noch den MSCI World All Countries Index, in dem sind 2500 Firmen. Allerdings bilden einige ETFs diesen dann nicht vollständig ab, sondern nur eine repräsentative Auswahl.

Wenn man nun also sowohl am Aufschwung der Schwellenländer als auch am Aufschwung der Industrienationen partizipieren möchte – was dann? Dann kann man einfach einen Teil von dem MSCI Emerging Market-ETF und einen Teil von dem MSCI World-ETF kaufen. Und wieviel wovon? Auch das hängt von der eigenen Risikofreude ab. Die Emerging Markets ETFs sind weniger stabil (hohe Schwankungen – Volatilität) und lagen z.B. 2015 auch mal bei -5,63%. Dafür gab es in den vergangenen drei Jahren 27%. Aber die Werte aus der Vergangenheit sind leider kein Indikator für die Zukunft. Da muss nur China feststellen, dass all der gebaute Wohnraum zwar super ist, aber nicht zu bezahlen und schon gibt es ein Problem. Weiß aber keiner…

Man kann also entscheiden, ob man die Schwellenländer mit dabeihaben möchte oder nicht. Eine häufige Verteilung ist 70% MSCI World und 30% MSCI Emerging Markets, andere haben 80%-20%. Je nachdem.

Wichtig ist, dass es sich um einen solch breit aufgestellten Indexfonds handelt. Es gibt nämlich auch kleine Sparten-ETFs für Robotik, selbstfahrende Autos, Kryptowährungen, Marihuana und ähnliches. Dort sind jedoch auf Grund der geringeren Zahl an Unternehmen die Verlustrisiken (Pleite einer Firma) deutlich höher.

Die vier Varianten der ETFs

Es gibt bei Index-nachbildenden ETFs vier Varianten, die sich aus zwei Variablen ergeben:

Art der Index-Nachbaus (Replikationsmethode)

index-replizierend: Der zu Grunde liegende Index z.B. MSCI World wird tatsächlich nachgebaut. Von den einzelnen Unternehmen werden Aktien erworben/verkauft, so dass sie dem Index entsprechend im Fonds vertreten sind.

synthetisch (swap): Die Alternative zum vollständigen Nachbau ist ein Modell, wo mit Hilfe anderer Aktien und einem Tauschpartner agiert wird. Im Fonds selbst sind also nicht alle Aktien aus dem Index enthalten, sondern es gibt einen Partner, der sagt: Ich würde bei Bedarf die vorhandene Aktie gegen eine aus dem Index tauschen. Klingt schwieriger, ist aber günstiger, was die Kosten angeht. Überzeugt mich aber nicht.

Umgang mit Dividenden

ausschüttend: Die Dividenden der im Fonds enthaltenen Aktien werden ausgeschüttet. Je nach Fonds geschieht dies vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich. Die Beträge müssen dann versteuert werden. Danach können sie entweder verjubelt oder besser wieder investiert werden. Je nachdem wie sich der Aktienmarkt und das eigene Depot entwickelt, können die Beträge vielleicht schon ausreichen, um die Rente/Pension zu ergänzen.

wiederanlegend (thesaurierend): Die Dividenden der im Fonds enthaltenen Aktien werden automatisch wieder angelegt. Das hat den Vorteil, dass man sich nicht kümmern muss. Der Nachteil ist, dass auch im Alter ,wenn man ggf. gern eine Dividende haben möchte, nicht einfach umstellen kann. Das wäre cool.

index-replizierend wiederanlegend index- replizierend ausschüttend
synthetisch wiederanlegend synthetisch ausschüttend

Für welchen Typ man sich entscheidet, ist eine Frage, die jede/r für sich entscheiden muss. Ich habe mich für index-replizierend ausschüttend entschieden. Warum? Weil ich das Gefühl gut finde, zu wissen, was für Aktien im Fonds enthalten sind und weil ich Dividenden praktisch finde. Das sind Geschmacksfragen. Andere erachten Dividenden als Taschenspielertrick.

Kosten

Das machen die ja aber auch nicht umsonst? Niemand macht was umsonst, naja zumindest wenige. Aber in der Finanzwelt selten. Also zumindest nicht Leute, die davon leben wollen. Also kostet ein ETF etwas? Ja! Aber die Kosten sind viel geringer als bei einem aktiv gemanagten Fonds. Was war nochmal ein aktiv gemanagter Fonds? Ein Fonds, bei dem eine Fondmanagerin/ein Fondmanager handverlesen Aktien auswählt, die besser sind als der Marktdurchschnitt. Cool, die haben eine Glaskugel? Nee, leider auch nicht. Daher ist es so schwierig, langfristig besser abzuschneiden als der Vergleichsindex. Diese Frau/dieser Mann ohne Glaskugel (und die Bank dahinter) muss aber auch von etwas leben. Außerdem entstehen Kosten für den Handel. In der Konsequenz kostet ein aktiv gemanagter Fonds daher mehr. Auch bei einem ETF, der sich an einem Index orientiert, entstehen folgende Kosten:

  • die Indexgesellschaft (in meinem Fall MSCI) möchte Geld dafür, dass sie die Daten zum Index bereitstellen,
  • die Fondsgesellschaft (in meinem Fall ishares) möchte Geld dafür, dass sie den ganzen Orgastress haben (kaufen, verkaufen, Steuer usw.)
  • die Bank will meist auch was (Ordergebühren, Sparplangebühren). In meinem Fall gerade nicht (bzw. bis ich die Aktien verkaufen möchte).

Auch ETFs gibt es also nicht geschenkt. Die Kosten sind aber deutlich geringer als bei aktiv gemanagten Fonds. Werden die Manager verhungern, weil niemand mehr ihre Dienste in Anspruch nimmt? Wird die Bank verhungern, weil niemand mehr panisch Einzelaktien kauft/verkauft? Vermutlich nicht. Aber es ist auch nicht meine Aufgabe, mich darum zu kümmern.

Was nun? Dividenden ausschütten oder automatisch wieder anlegen?

Wenn man sonst keine Kapitaleinkünfte hat, bietet sich an, auf ETFs zu setzen, die Dividenden ausschütten, damit man den Steuerfreibetrag von 801€ pro Jahr (bei Singles, 1602€ bei Paaren) ausnutzen kann.

Wie geht es dann weiter? Ab 801€ Dividende (muss man auch erstmal kriegen) dann in wiederanlegende Fonds wechseln? Kann man machen. Dann muss man erstmal nur die Vorabpauschale bei der Steuer zahlen. Aber wer sagt einem, dass nicht die Kapitalertragssteuer in 20 oder 30 Jahren höher ist als jetzt?

Dann freut man sich über den ausschüttenden Fonds, bei dem man einen Teil der Gewinne bereits versteuert hat. Kurz und gut: man weiß es nicht und es ist eine Geschmacksfrage. Wenn man sich über die Dividende freut, die auf dem Konto eingeht und sich ggf. über eine Vorabpauschale ärgert, dann ist man mit dem ausschüttenden Fonds gut bedient. (Ich habe mich für den Moment für ausschüttende Fonds entschieden.) Da man sich auch immer noch umentscheiden kann, ist das nicht dramatisch.

Wie jetzt? Alles in Aktien? oder: die eigene Risikofreude

Die nächste Frage ist, wie risikofreudig man selbst ist. Insgesamt nicht unwichtig, damit man nicht in Panik die Wertpapiere beim nächsten Crash verkauft. Es ist daher wichtig zu überlegen, wie hoch mein Aktienanteil sein kann und was ich noch an anderen Formen von Geld habe. Beim Finanzwesir findet sich als konservativste Empfehlung von 80% risikoarm (Festgeld, Sparbriefe) und 20% risikobehaftet (Aktien). Oder man wählt die offensive Variante (75% Aktien und 25% Festgeld).

Es gibt sogar Empfehlungen für 100% Aktien. Was man davon umsetzt, hängt eben sehr mit der Risikofreudeverträglichkeit zusammen und der entscheidenden Frage, ob man es bei der nächsten Krise (sie kommt bestimmt) aushält, dass die Bewertung des eigenen Aktienpakets nur noch halb so hoch ist.

Wenn Montag noch von 20.000€ die Rede ist und am Dienstag nur noch 10.000€ dort stehen, dann schmerzt das. Wenn man aber darauf guckt, dass man am Montag X Anteile von 1600 Firmen hat und am Dienstag immer noch X Anteile von 1600 Firmen hat, dann ist die Welt schon nicht mehr so düster. Die muss man dann eben nur dort liegen lassen und warten, bis sie wieder besser bewertet sind. Bei einer Einzelaktie kann es passieren, dass das nie passiert. Bei Anteilen von den weltgrößten 1600 Firmen ist das extrem unwahrscheinlich. Die Bewertung wird aber vor allem dann wichtig, wenn Ihr Anteile verkaufen wollt.

Und wenn die Bank/der Fondsanbieter Pleite geht?

Das Tolle an ETFs ist, dass eine Depotbank die Anteile als Sondervermögen getrennt von allem anderen Vermögen der Fondsgesellschaft aufbewahren muss. Es kann also nicht passieren, dass sich das Vermögen in dieser Form auflöst. Selbst im Fall einer Pleite der Fondsgesellschaft muss nur ein neues Unternehmen zur Verwaltung gefunden werden.

Steuern

Für den Anfang reicht vermutlich der angesprochene Steuerfreibetrag von 801€ bzw. 1602€ bei Paaren erstmal eine Weile. Ansonsten gilt für die Steuern auf Grund der langfristigen Perspektive das Gleiche wie für alles andere: Niemand hat eine Glaskugel.

Klar ist (für den Moment): Gewinne müssen versteuert werden. 25% Kapitalertragssteuer + davon 5% Soli (also 1,25%) (+ Kirchensteuer). Aber eben auch nur Gewinne, also Kursgewinne und Dividenden. Verluste können nicht angerechnet werden. Schon wenn die 1,25% Soli wegfallen sollten, lohnt sich das dank Zinseszins relativ ordentlich. Aber wer weiß was noch kommt.

Nach der Steuerreform von 2018 sollen wiederanlegende (thesaurierende) und ausschüttende Fonds gleichbehandelt werden. Das führt dazu, dass bei wiederanlegenden Fonds eine zusätzliche Pauschalzahlung vorher erforderlich wird. Was letztlich steuerlich günstiger ist, lässt sich nicht vorhersagen. Wer Lust bekommen hat, sich mit dem Thema näher zu beschäftigen, kann sich zum Einstieg den Podcast vom Finanzrocker und dem Finanzwesir anhören.

Mein Bankberater/meine Bankberaterin hat gesagt…

Okay, ich gebe zu: Ich spreche nicht mit meiner Bank über Geld. Sollte man auch nicht. Der Bankberater/die Bankberaterin vertritt überraschenderweise nämlich die Interessen des Arbeitgebers. Ergibt Sinn, denn der bezahlt ihn/sie. Wes‘ Brot ich ess, des‘ Lied ich sing… Aber eben genau aus diesem Grund gibt es keine Beratung im Sinne des Kunden/der Kundin. Die Bank kassiert Provision von Finanzdienstleistern und wird daher immer das empfehlen, wo sie die meiste Provision erhält. Sie wird also nie sagen, hier nimm dieses Produkt, dort sind die Kosten gering und es gibt keine Provisionen (die letztlich ihr bezahlt). Die werden also immer aktive gemanagte Fonds anpreisen. Verständlich, aber eben nicht günstig für Euch. Das Spiel kann man weiter treiben, wenn man sagt: Ich habe meine Bank gefragt, wie es mit ETFs aussieht. Sie verdienen nichts damit, daher vermeiden sie es, dahingehend zu beraten.

Anekdote: Ich habe doch mal mit meiner Bank telefoniert, wegen der Mastercard Traveller, die nicht im Ausland funktioniert, außer wenn man vorher fünf Handstände macht. Bei dem Gespräch wollte mir die Mitarbeiterin ein „besseres“ Konto aufquatschen. Bei dem besseren Konto kosten beleghafte Überweisungen nämlich nichts. Es hat zwar eine höhere Grundgebühr, dafür ist die Kreditkarte günstiger…. Moment mal. Beleghafte Überweisungen? Das sind diese Zettel, die man ausfüllt und bei der Bank einwirft. Das habe ich seit Jahren nicht mehr getan. Warum auch. Im Endeffekt muss man nicht erwarten, dass die Bankangestellten im Sinne der Kund/-innen beraten, sondern immer im Sinne der Bank. Leider ist das selten dasselbe.

Der nächste große Crash

Alle Welt (naja, der Teil der sich für Finanzen interessiert) beäugt die Aktienmärkte mit Skepsis und wartet auf den nächsten großen Crash. Schließlich geht es schon so lange gut. Ja, aber was dann? Ist dann mein Geld nicht weg? Wie war das nochmal mit Telekom und Lehmann Brothers? Gehen wir einen Schritt zurück. Was kaufen wir da eigentlich mit unserem Geld? Wir erwerben Mini-Anteile an 1600 Firmen. Selbst wenn diese im Zuge einer (Selbst)Korrektur des Aktienmarktes niedriger bewertet werden, ist das nicht dramatisch. Denn in der Regel geht es (langfristig) auch wieder aufwärts und in der Regel auch über den Wert vor dem Crash. Der größte Fehler wäre es also, in dieser Phase zu verkaufen. Anders als bei Einzelaktien, wo nicht klar ist, ob sich eine Firma aus einem bestimmten Bereich wieder erholt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich der gesamte Markt wieder erholt, relativ hoch. D.h. im Umkehrschluss, dass die beste Zeit zur Investition ein Crash ist, denn dann sind die Anteile günstig. Das bedeutet, ich kann für das gleiche Geld mehr Anteile erwerben.

Warten oder anfangen? Market timing

Aber soll ich dann nicht einfach noch warten? Ich habe gerade zehntausend Euro. Wenn ich bis zur Krise warte, dann habe ich doch mehr davon? Hmm. Ja, den Impuls kann ich verstehen. Gleichwohl ist das Problem, dass man keine Glaskugel hat. Man weiß schlichtweg nicht, wie sich der Markt weiter entwickelt und wann die Krise kommt. Daher ist es ggf. sinnvoller, das Geld zu investieren. (Hinterher sind übrigens alle schlauer… Hätte man mal vor zehn Jahren Bitcoin, blabla, was auch immer gekauft.) Wenn man sich unsicher ist, eine große Summe auf einmal zu investieren, kann man das auch über einen längeren Zeitraum (z.B. 3 Monate) hinweg tun.

Bank

Wer Aktienfonds kaufen will, braucht ein Depot. Welche Bank nehme ich für mein Depot? Letztlich kann man zur eigenen Bank gehen, aber die will ggf. Gebühren für das Depot. Es gibt auch günstigere Online-Broker.

Ich liste die hier mal auf. Da sich die Gebühren ändern können, schreibe ich die nicht mit dazu.

  • flatex
  • onvista bank
  • comdirect
  • ing-diba

Einige haben sich wegen der kostenlosen Visa-Karte schonmal ein DKB-Konto zugelegt. Das enthält auch ein Depot (muss man nochmal freischalten, geht aber relativ einfach). Das hat mir geholfen, den Schweinehund zu überwinden.

Wer sich für ein DKB-Konto entscheidet, der kann das gerne über den Link tun, da ich dann einen Kinogutschein bekomme. 🙂

Dann gibt es zwei Wege, wie aus Deinem gesparten Geld ETF-Anteile werden. Über Einzelkäufe oder über Sparpläne. Einzelkäufe kosten meist je nach Depot und aktueller Marketingstrategie des Betreibers etwas.

Sparpläne buchen einmal im Monat (oder einem anderen Rhythmus) Geld ab und Kaufen dafür Anteile. Das hat den Vorteil, dass es automatisch passiert und man nicht in die Versuchung des Markettimings kommt (vielleicht warte ich noch bis morgen, weil Apple da die Geschäftszahlen bekannt gibt…). Einige Sparpläne für bestimmte ETFs sind (derzeit) kostenlos. Wird es so bleiben? Ein Blick in die Glaskugel zeigt: Man weiß es nicht. Ist es ein gutes Gefühl, wenn es kostenlos ist? Ja.

Sparplan… Oder was weg ist, kann ich nicht mehr ausgeben

Der Vorteil am Sparplan ist, dass er bei mir am Anfang des Monats abgebucht wird (zusammen mit der Miete geht er von meinem normalen Konto auf das DKB-Konto). Damit ist das Geld außerhalb des normalen Kontos und kann nicht verdunsten. Am 5. des Monats wird es dann über zwei Sparpläne in einen MSCI World-ETF und einen MSCI-EM-ETF investiert. Fertig. Einmal im Jahr anpassen. Einmal im Jahr nach dem Steuerquatsch gucken.

Zur Zeit gibt es kostenlose Sparpläne für diese beiden ETFs bei der DKB. Das kann sich jederzeit ändern, da diese auch ein Mittel der Marketingabteilung sind. Aber auch dann ist das kein Grund zur Panik.

Optimierungswahn

Aber das geht doch noch besser… Meine Kollegin hat einen Sparplan für einen ETFs mit viel geringeren Kosten. Mein Depot kostet 1,50€ pro Sparplanausführung, soll ich alles umziehen? Wenn Du an dieser Phase angelangt bist, dann lies doch nochmal diesen Artikel beim Finanzwesir zur Sparplan-Optimierung. Er hat darüberhinaus nochmal ETFs verglichen und festgestellt, dass die Unterschiede zwischen den verschiedenen MSCI-World ETFs so marginal sind, dass es den Aufwand nicht wert ist.

Wie krieg ich das Geld wieder raus?

Man kann einzelne Anteile verkaufen. Dann fällt die Steuer auf die Wertsteigerung an. Hmm. Wie kann man das so weit wie möglich hinauszögern? In einem Kommentar wurde folgendes Vorgehen beschrieben. Nach ein paar Jahren wechselt man von einem ETF auf den MSCI World-Index (z.B. von dem ishares) zu einem anderen Fonds auf den MSCI-World-Index einer anderen Firma. Das hat den entscheidenden Vorteil, dass, wenn ich Anteile verkaufen will, ich mit den Anteilen anfangen kann, die weniger alt sind und weniger Kursgewinne gemacht haben (und damit auch weniger Steuern anfallen).

Entnahmestrategien

Vor der Rente/Pension ist es dringend erforderlich ein finanzielles Cash-Polster zu haben, so dass es nicht zwingend notwendig ist, die Aktien zu verkaufen. Denn wenn in der frühen Phase des Entsparens eine Krise herrscht, dann hat das nachhaltig negative Auswirkungen (2) auf das Portfolio. Das finanzielle Polster kann man erreichen, indem man den risikoarmen Anteil in der Zeit vor der Rente erhöht. Beispielsweise kann man die Dividende in den letzten Jahren vor der Rente nicht mehr weiter in Aktien investieren, sondern in andere Anlageformen.

Welche ETFs nehm ich denn nun?

Ich bin kein Finanzberater, sondern auch nur ein einfacher Miniminikleinanleger, der sich mit der Materie vertraut gemacht hat. Das bedeutet, dass ich (wie aber auch sonst keiner) keine Garantie für die zukünftige Entwicklung geben kann. Daher gebe ich keine Empfehlung oder Beratung ab.

Ich kann aber sagen, dass ich mich für diese beiden ETFs entschieden habe:

 

Wieso schreib ich das hierher? Weil ich einige Recherche betrieben habe und ich mir vorstellen kann, dass einige Leute sich schwer tun damit und  lange rumrätseln. Nimm diese zum Ausgangspunkt, dann geht das Rätseln vielleicht schneller.

Wer bis hierher gekommen ist, kann sich aber auch noch aufraffen und sich tatsächlich drum kümmern.

Und was ist mit dem Haus? Ich muss doch ein Haus kaufen!

Hier kann ich insbesondere auf das Buch von Gerd Kommer (Kaufen oder mieten?) verweisen, der sich ausführlich damit auseinandersetzt, warum der Erwerb einer selbstgenutzten Immobilie für die Altersvorsorge nur in wenigen Fällen einer Investition in Aktien tatsächlich überlegen ist. Klingt erstmal komisch, wenn man es aber weniger emotional betrachtet, ist es an Hand der vorgestellten Daten gut nachvollziehbar.

Bücher zum Weiterlesen

Die folgenden vier Bücher habe ich im Zusammenhang mit meiner Recherche gelesen und kann sie empfehlen (völlig unabhängig davon, ob ihr sie über meinen amazon.de-Link kauft oder in der Bibliothek lest):

Gerd Kommer: Kaufen oder mieten?: Wie Sie für sich die richtige Entscheidung treffen *

Albert Warnicke: Der Finanzwesir – Was Sie über Vermögensaufbau wirklich wissen müssen. Intelligent Geld anlegen und finanzielle Freiheit erlangen mit ETF und … Funds eine solide Altersvorsorge aufbauen *

Gerd Kommer: Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen *

Richard H. Thaler: Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt *

Fazit

Wer also eine Altersvorsorge haben will, ohne sich täglich mit Finanzthemen zu beschäftigen, für den kommt ein passives Investieren über Index ETFs in Frage. Breit aufgestellt kann man die nächste Finanzkrise einfach aussitzen. Man kann sich einfach bewusst machen, dass die Anteile weiter vorhanden sind.

Am einfachsten funktioniert das Ganze über Sparpläne, da man nicht versucht ist, schlauer zu sein als der Rest der Welt. (Passiert, man muss sich einfach bewusst machen, dass es in der Regel nicht stimmt, weil einem die Informationen fehlen.)

Also: Erst die Motivation (Zusatz zur Altersvorsorge oder finanzielle Unabhängigkeit) und die finanziellen Verhältnisse klären und dann los. Depot eröffnen. Risiken durchdenken. Sparpläne für MSCI ETFs einrichten. Durchatmen.

Nicht jeden Tag auf den Stand der Börse starren, denn die Zahl der Anteile im Depot bleibt gleich. (Ist auch nicht einfach.) Beim Crash nicht verkaufen, sondern weiter ETFs kaufen. Sie sind gerade günstig.

Wie geht es jetzt weiter? Wird es doch ein weiteres Blog? Eine verwaiste Seite? Wohl beides nicht. Ich will nicht mehr Zeit als nötig in das Thema investieren. Ich will keine große Community aufbauen. Wenn es jedoch anderen Leuten hilft, den inneren Schweinehund zu überwinden, freue ich mich. Wenn ich jedoch etwas lerne, werde ich diese Seite vermutlich aktualisieren.

P.S.: Danke

Ein herzlicher Dank gilt all den Autor/-innen (insbesondere dem Finanzwesir, Gerd Kommer, den Frugalisten, der Freiheitsmaschine), die sich im Text verlinkt finden, für interessante Denkanstöße und die Unterstützung im Kampf gegen den Schweinehund.

P.P.S.: Moment mal, sind ETFs nicht böse und gefährlich?

Es gab hin- und wieder Artikel über die Gefahr, die von ETFs für den Markt ausgeht. Wie der Finanzwesir in diesem Podcast erläutert sind dafür die Anteile insgesamt viel zu klein.

 

* Die Links sind Bestandteile eines Affiliate-Programms. D.h. ich erhalte einen bestimmten Betrag, wenn ihr über den Link einkauft.